Microsoft geht mit seiner Weltkarten-Anwendung Virtual Earth (nur Internet Explorer und Firefox) in die Offensive. Bereits Ende Juni 2007 sollen 100 Großstädte in einem fotorealistischen 3D-Modus zu bestaunen sein. Das hat der Konzern gestern, Dienstag, anlässlich der Eröffnung des neuen Photogrammetry-Zentrums in Graz mitgeteilt. Für die detailgenaue Kartierung setzt Microsoft auf eine digitale 216-Megapixel-Luftbildkamera, die vom US-Technologieunternehmen Vexcel entwickelt wurde. Die Entwickler des Anfang dieses Monats von Microsoft übernommenen Unternehmens zeichnen auch für die automatisierten 3D-Algorithmen verantwortlich. Diese sollen die kostengünstige 3D-Realisierung ganzer Städte überhaupt möglich machen.
Neue Möglichkeiten durch digitale Vernetzung
„Das Abbilden unserer Welt in virtueller digitaler Form wird den Umgang der Menschen mit ihrem Computer noch einmal radikal verändern“, erklärt Stephen Lawler, Geschäftsführer Virtual Earth. Habe man zunächst über Portale wie Yahoo oder AOL und dann über textbasierte Suchmaschinen nach Informationen gesucht, ergäben sich durch die multimediale Vernetzung ganz neue Möglichkeiten, so Lawler. Wie Google und anderen Anbietern schwebt Microsoft ein virtueller Welt-Stadtplan vor, der mit Informationen über öffentlich genutzte Gebäude, Einkaufsmöglichkeiten, Restaurants, Kinos und anderen Daten gefüttert wird. Auch Echtzeit-Informationen wie Wetter- oder Verkehrsbedingungen sollen zukünftig in der virtuellen 3D-Welt abgebildet und abgerufen werden können.
3.000 Städte in fünf Jahren
Microsofts Pläne sehen vor, innerhalb der nächsten fünf Jahre rund 3.000 hochaufgelöste 3D-Städte in das bestehende Kartenmaterial von Virtual Earth zu integrieren. Den Anfang bilden neben dem Ursprungsort des Projekts, dem österreichischen Graz, zumeist US-amerikanische Städte. Schon 2008 sollen aber eine Reihe von europäischen Städten folgen. Die Eckdaten zum von der Kamera geschossenen Bildmaterial sind dabei gewaltig: So soll jedes Bild mit einer Auflösung von 14.430 Pixel mal 9.460 Pixel aufwarten, was 432 Megabyte in Anspruch nimmt. Während einer Mission können bis zu 5.000 Bilder aufgenommen werden. Beim internen Speicherplatz kann die UltraCam-X mit vier Terabyte aufwarten.
Straßenperspektive
„Die Luftbildaufnahmen sind aber erst der Anfang“, meint Franz Leberl, der alte und neue Geschäftsführer der nun bei Microsoft eingegliederten Abteilung. „So spannend die Aufnahmen aus der Luft sind, ist es natürlich so, dass wir die Welt normalerweise nicht von oben wahrnehmen. Vielmehr erfahren wir unsere Umgebung von den Straßen aus“, so Leberl. Daher sollen Kameras und Sensoren in den kommenden Jahren auch am Boden eingesetzt werden, um Straßen, Geschäfte, Kirchen und Museen wie mit dem menschlichen Auge einzufangen. „Dazu brauchen wir eine Auflösung von bis zu einem halben Zentimeter. Und wie bei den 3D-Luftaufnahmen muss der ganze Digitalisierungsprozess wiederum automatisiert ablaufen“, ist Leberl überzeugt. Als zukünftigen Einsatzbereich nannte Leberl unter anderem Auto-Navigationssysteme, Mobiltelefone oder aber auch Uhren. Den Entwicklern zufolge kann das in den nächsten Jahren erzeugte 3D-Fundament relativ einfach um zusätzliches Bildmaterial erweitert werden.