Ernüchterung nach „Second Life“-Hype

„Second Life“ (Bildschirmfoto)
„Second Life“ (Bildschirmfoto)

Der Hype um „Second Life“ scheint ein vorwiegend europäisches Phänomen zu sein. Viele Unternehmen, die frühzeitig in die Parallelwelt investiert hatten, zeigen sich mittlerweile enttäuscht.

In der virtuellen Parallelwelt „Second Life“ bilden die Deutschen die bevölkerungsreichste Nation. Zu diesem Ergebnis kommt der Internet-Marktforscher ComScore, der heute, Freitag, Zahlen über die aktiven Second-Life-Nutzer veröffentlicht hat. Demnach waren im März dieses Jahres weltweit 1,3 Mio. Menschen in Second Life aktiv. Das entspricht einer Zunahme um 46 Prozent im Vergleich zum Januar 2007. Die große Mehrheit der aktiven Second-Life-Bewohner kommt aus Europa, die 61 Prozent der Gesamtbevölkerung der Parallelwelt ausmachen. Hingegen stammen nur 16 Prozent aus den USA.

„Medialer Hype“

Second Life sei trotz der steigenden Nutzerzahlen nach wie vor ein medialer Hype, betont Walter Seeböck, Leiter des Zentrums für praxisorientierte Informatik an der Donau-Universität Krems, gegenüber der Agentur Pressetext. „Täglich sind zwischen 20.000 bis 35.000 Nutzer in Second Life aktiv. Das ist ja nur ein Bruchteil von den sechs Millionen registrierten Personen“, so Seeböck. Es gäbe viele Neugierige, die sich einen Avatar zulegen, in Second Life ein Mal hineinschnuppern und dann nicht mehr wieder kommen, sagt Seeböck weiter.

Kritische Stimmen weisen darauf hin, dass es in Second Life nur von Journalisten wimmle, die von ihren Medien beauftragt wurden, über Second Life zu schreiben und die Parallelwelt auf der Suche nach berichtenswerten Geschichten durchstreifen. Zum beruflichen Hintergrund der aktiven Second-Life-Bewohner gibt es allerdings kaum Studien. „Es sind auf jeden Fall viele Personen aus medienorientierten Berufen in Second Life anzutreffen“, bestätigt Nils Andres, Geschäftsführer der Hamburger Agentur Komjuniti. Hoher Bildungsstand, höheres Einkommen und eine ausgeprägte Internetaffinität seien die Charakteristika eines typischen Second-Life-Nutzers, schätzt Andres.

Enttäuschung nach der Euphorie

Bei den Unternehmen macht sich mittlerweile nach der anfänglichen Euphorie Enttäuschung über den angepriesenen neuen Medienkanal breit. „Die Erwartungen waren bei den Unternehmen – wahrscheinlich aufgrund des medialen Hypes – sehr hoch“, begründet Andres die Ernüchterung bei einigen Unternehmen, die gehofft haben, mehr aus ihren Marketing-Bemühungen in Second Life herauszuholen. „Es gibt aber auch positive Beispiele wie etwa IBM, das sehr zufrieden ist mit seinen Second-Life-Aktivitäten“, unterstreicht der Agenturchef.

Seeböck ist überzeugt, dass Second Life für die Wirtschaft auf jeden Fall interessant ist. „Teile der aktiven Second-Life-Nutzer sind über die üblichen Medienkanäle nicht zu erreichen. Das macht Second Life interessant“, sagt Seeböck. Er empfiehlt den Unternehmen Zugang zu den Meinungsbildnern in der Second-Life-Community zu finden. Er sieht das Problem bei den Unternehmen, die einen falschen Ansatz für ihren Auftritt in der Parallelwelt wählen. „Das Angebot muss an das Medium angepasst sein. Die Botschaften müssten individuell und vor allem authentisch sein“, rät Seeböck.

Archiv | pte

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