Das Wachstum der Digitalen Wirtschaft hat sich 2006 weiter beschleunigt. Die Umsätze in den Kernbereichen Fernabsatz, Onlinewerbung und Internet-/Multimedia-Dienstleistungen sind zum Teil rasant gestiegen. So kletterten die Umsätze des gesamten Online-Werbemarktes auf mehr als 1,9 Milliarden Euro.
Die Kehrseite der positiven Entwicklung: Der Fachkräftemangel hat sich in den letzten Monaten dramatisch zugespitzt. Zu diesen Ergebnissen kommt der Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V., der heute auf der CeBit wichtige Branchenindikatoren vorgestellt hat. Auswege aus dieser für die Branche dramatischen Entwicklung sollen nun im Rahmen einer großangelegten Initiative unter Beteiligung verschiedener Bildungsträger, Markteilnehmer und der Öffentlichen Hand gefunden werden. BVDW-Präsident Arndt Groth prangerte zudem die „Flut von Regulierungen“ und „nationale Insellösungen“ des Gesetzgebers an, durch die deutsche Unternehmen im internationalen Wettbewerb deutlich schlechter gestellt seien.
Online-Vermarkter erwarten über 2,5 Milliarden Euro Umsatz
Die Umsatzzahlen sprechen eine deutliche Sprache. Während das Wachstum im Fernabsatz für Endkunden 2006 (16,3 Milliarden Euro) mit gut zwölf Prozent gegenüber 2005 (14,5 Milliarden Euro) noch vergleichsweise moderat ausgefallen ist, sind die Umsätze im gesamten Online-Werbemarkt im letzten Jahr regelrecht explodiert. Mehr als 1,9 Milliarden Euro Brutto-Werbeumsätze wurden mit klassischer Online-Werbung, Suchwort-Vermarktung und Affiliate-Marketing generiert. Das entspricht einer Steigerung von 85 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Eine Entwicklung, die selbst die Experten überrascht.
„Natürlich haben wir alle gehofft, dass der Anteil am Werbemarkt sich der tatsächlich Nutzungsintensität der Onlinemedien weiter angleicht“, so Paul Mudter, Vorsitzender des Online-Vermarkterkreises (OVK) im BVDW. „Dass wir allerdings derart rasant aufholen zeigt, dass die Werbetreibenden das Internet immer mehr in den Mittelpunkt ihrer Aktivitäten rücken.“ Für 2007 prognostizieren die Experten ein Volumen von mehr als 2,5 Milliarden Euro Brutto-Werbeumsätze, das entspräche einem Zuwachs von 33 Prozent.
Mehr Bandbreite treibt Wachstum an
Von dieser erfreulichen Entwicklung profitieren jedoch nicht allein die Vermarkter, auch die Internet-und Multimedia-Dienstleister konnten ihre Umsätze im vergangenen Jahr deutlich steigern. Mit durchschnittlich rund 18 Prozent Umsatzzuwachs im letzten Jahr laufen die Agenturen und Dienstleister der Branche zurzeit immer noch auf Hochtemperatur. Das ergab ein aktuelles Stimmungsbild, das der BVDW bei den Unternehmen eingefangen hat.
„Die Auftraggeber haben ihre Zurückhaltung aufgegeben und sind wieder investitionsfreudiger und mutiger geworden“, weiß BVDW-Vizepräsident Ravin Mehta zu berichten. Die Entwicklung ist dabei jedoch nicht allein auf die so genannten Web-2.0-Anwendungen zurück zu führen. „Zweifellos hat das der Branche einen ordentlichen Schub gegeben“, urteilt Branchenkenner Ravin Mehta. „Das Wachstum hängt aber auch mit der zunehmenden Verfügbarkeit des mobilen Internets und den neuen Möglichkeiten zusammen, die sich aus der Erhöhung der Übertragungskapazitäten ergeben. Auch Streamingtechnologien und IPTV werden in ihrer Bedeutung in diesem Jahr ganz sicher weiter zulegen.“ Interessant wird aus seiner Sicht auch zu beobachten sein, inwieweit sich die veränderten Nutzergewohnheiten (Blogs, Podcasts, Spiele, Gemeinschaften, Virtualisierung) insbesondere der jüngeren Generation bereits 2007 kommerzialisieren lassen.
Fachkräftemangel in den Griff bekommen
Im Fahrwasser der gestiegenen Umsätze konnte die Branche im vergangenen Jahr auch wieder viele neue Arbeitsplätze schaffen. Sowohl die börsennotierten Unternehmen als auch das Gros der Dienstleister hat in erheblichem Maße neues Personal eingestellt. Die vorläufigen Ergebnisse einer derzeit laufenden Befragung unter den Agenturen und Dienstleistern verdeutlicht das eindrucksvoll. Demzufolge ist die Zahl der Festangestellten durchschnittlich um 24 Prozent gestiegen. „Leider verdecken diese Zahlen, was die Branche derzeit am meisten beschäftigt, nämlich der eklatante Mangel an geeigneten Fachkräften“, fasst BVDW-Vizepräsident Harald R. Fortmann die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt zusammen.
In der Tat beurteilen die Unternehmen die Suche nach geeignetem Personal als zunehmend schwierig, das zeigt die Vorab-Analyse der Dienstleisterbefragung. „Als Verband stehen wir hier in der Pflicht, Beteiligte und Betroffene an einen Tisch zu holen, um nach Lösungen zu suchen“, so Fortmann, der wie nicht wenige Führungskräfte der Branche selbst als Dozent tätig ist, weiter. „Allein nach der Politik zu rufen, hat sich als wenig effektiv herausgestellt. Wenn sich schnell etwas ändern soll, werden wir eigene Wege finden müssen.“ Der BVDW will vor diesem Hintergrund eine „großangelegte Initiative“ unter Beteiligung verschiedener, privatwirtschaftlicher wie öffentlicher Bildungsträger, der Marktteilnehmer sowie anderer Organisationen und der Öffentlichen Hand starten.