Abmahnungen gegen „WM“-Werbung

FIFA WM Deutschland 2006 (Logo)
FIFA WM Deutschland 2006 (Logo)

Rechts-Chaos bei WM-Werbung: Ämter und Gerichte widersprechen sich bei der Frage der Schutzfähigkeit von Begriffen im Umfeld der Fußball-WM. Kreativität und Spiel mit Assoziationen mindern Risiko teurer Abmahnungen.

Im Streit zwischen Ferrero und Fifa um Markenrechte und die Frage, wer mit der Fußball-WM werben darf, zeichnet sich keine klare juristische Linie ab. Markenämter und Gerichte widersprechen sich. Wenn Unternehmen sich die Lizenzgebühren für Werberechte sparen wollen, bleibt ihnen nach derzeitigem Stand der Dinge nichts anderes übrig, als sich auf rein beschreibende Slogans zu beschränken wie: „Trinkt XY-Bier zur Wm“. Oder sie folgen dem Beispiel von Media Markt und nutzen Assoziationen wie „Wir holen den Titel!“ Ansonsten riskieren sie eine Abmahnung der Fifa. Die kann schnell mit mehr als 10.000 Euro zu Buche schlagen. „Kreativität ist gefragt“, sagt Jan F. Krekel, Markenrechtler im Münchner Büro der internationalen Sozietät Nörr Stiefenhofer Lutz.

Zuerst widersprachen sich das deutsche und das europäische Markenamt. Die deutschen Fifa-Marken „Fußball WM 2006“ und „wm 2006“ sind nach einer Entscheidung des deutschen Patent- und Markenamtes auf den Löschungsantrag von Ferrero nur für einige Waren und Dienstleistungen geschützt (etwa Sporttaschen, Schirmmützen, Trainingsanzüge, Schreibwaren, Babynahrung und Make-up-Entferner, Beschluss v. 9. Juni 2005). Für viele andere darf man dagegen mit der WM werben, ohne eine Lizenz von der Fifa kaufen zu müssen (bspw. Uhren, Anstecker, Gläser und Bierkrüge, Postkarten, Fähnchen, Straßenkarten, Werbeschilder, Spielzeuge, Fußbälle, Fußball-Handschuhe, Schienbeinschützer und Fußballtore). Das Bundespatentgericht hat diese Entscheidung am 3. August bestätigt (Az: 32 W (pat) 237/04 und 238/04).

Das Europäische Markenamt, genauer Titel: Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (HABM), bestätigte dagegen am 28. Oktober die europäischen Gemeinschaftsmarken der Fifa in vollem Umfang (Az: 969 C 002155521). Auslöser für das Verfahren war ein Löschungsantrag von Ferrero. Es ging um die Marken „wm 2006“, „Fußball WM 2006“, „wm Deutschland“, „Deutschland 2006“ und „wm Deutschland 2006“. Will ein Unternehmen diese Begriffe für seine Werbung verwenden und dabei eine Verbindung zwischen der Herkunft des Produkts oder der Dienstleistung, sprich: zwischen dem Produzenten oder Dienstleister, und der WM herstellen (sog. „Herkunftsbezeichnung“), dann muss es nach dieser Entscheidung auf jeden Fall eine Lizenz erwerben. Es kommt nicht darauf an, wie stark das Produkt oder die Dienstleistung mit der WM in Verbindung gebracht wird.

„Die unterschiedlichen Entscheidungen führen zu einem Patt“, sagt Sandra Sophia Bormann ebenfalls Markenrechtlerin bei Nörr in München. Denn die europäischen und die deutschen Marken sind innerhalb Deutschlands gleichrangig. Die Fifa kann sich auf die europäischen Marken berufen, wenn sie Werbetreibende abmahnt. Die Werbetreibenden können sich auf die Löschung der deutschen Marken berufen.

Beide Entscheidungen sind aber noch nicht rechtskräftig. Es kann also alles auch ganz anders kommen. Nächste Instanz im Streit um die deutschen Marken ist der Bundesgerichtshof. Gegen die Entscheidung des HABM kann Ferrero Rechtsmittel beim Harmonisierungsamt selbst einlegen. Hilft das Amt nicht ab, entscheidet die Beschwerdekammer des Amtes, dann das Europäische Gericht Erster Instanz und am Ende der Europäische Gerichtshof. Bis dahin dürfte die WM vorbei sein.

Unterdessen streiten sich die Kontrahenten vor deutschen Gerichten. Und auch die sind sich nicht einig. Bereits im Februar diesen Jahres entschied das Oberlandesgericht (OLG) Hamburg in einem einstweiligen Verfügungsverfahren im Sinne der Fifa: Der Begriff „wm 2006“ genieße als so genannte „besondere Geschäftsbezeichnung“ markenrechtlichen Schutz (7. Feb. 2005, Az 3 W 14/05). Besondere Geschäftsbezeichnungen können unabhängig von Marken- oder Firmennamen entstehen (§ 5 (1), (2) Markengesetz).

Der Hintergrund: Die Fifa hatte im Verfahren Meinungsumfragen vorgelegt, die nach Ansicht des OLG Hamburg ausreichend belegten, dass ein hoher Teil der Befragten den Begriff mit der Fußballweltmeisterschaft assoziiert. Die WM stelle eine eigene organisatorische Einheit bei der FIFA dar und könne Träger eines Geschäftskennzeichens sein.

Damit entschied das OLG Hamburg anders als vor acht Jahren in einem Verfahren zwischen Ferrero und der damaligen Vermarkterin der WM 1994. In diesem Rechtsstreit waren vergleichbare Meinungsumfragen offenbar nicht vorgelegt worden. Das Gericht stellte sich damals auf den Standpunkt, dass jedenfalls die isolierten Begriffe „Fußballweltmeisterschaft“ oder „wm“ lediglich beschreibend einen Vorgang bezeichneten, bei dem in Ausscheidungskämpfen der weltbeste Teilnehmer ermittelt werden soll.

Anderer Ansicht ist offenbar das OLG Frankfurt/M. Am 17. November führte es laut einer Presse-Mitteilung von Ferrero in der mündlichen Verhandlung aus, die FIFA könne Dritten die Verwendung von „wm 2006“ als Hinweis auf die Fußballweltmeisterschaft nicht untersagen (Az: 6 U 121/03). Die FIFA nahm daraufhin einen Antrag auf einstweilige Verfügung gegen Ferrero zurück.

Dieser Entscheidung zum Trotz verfügte das Landgericht Hamburg am 25. Oktober die Löschung von elf Ferrero-Marken mit den Elementen „2006“ oder „2010“, etwa „wm 2010“, „Deutschland 2006“ etc (Az: 312 O 353/05). Die Markenanmeldungen von Ferrero behinderten die FIFA bei ihren Vermarktungsaktivitäten in unlauterer Weise, so das Gericht. In einer zweiten Entscheidung vom 3. November untersagte das LG Hamburg einem Anbieter von Sportwetten schließlich die kommerzielle Nutzung der Domain „wm2006.com“. Für Werbetreibende und Anwälte kann die WM kaum noch spannender werden.

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